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ASPHALT
WELTEN
PART. 1

>> Asphaltwelten von go plastic

Die go plastic company befasst sich 2020-22 mit Obdach & Leben auf der Straße. Die Reihe „Asphaltwelten“ ver – und behandelt in drei verschiedenen Projektformaten, thematische Aspekte, Thesen und Wertigkeiten, sowie den gesellschaftlichen Blick auf das Leben Draußen, dessen Herausforderungen, Mängel und Bedürfnisse.
In unterschiedlichen künstlerischen Konstellationen kollaboriert die Compagnie in diesen drei Teilen mit verschiedenen Partner*innen und entwirft interdisziplinäre Performance-Formate im und für den öffentlichen Raum, die das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten.
Die Trilogie über das Leben ohne Dach über dem Kopf, wird herausfordern, soll öffnen, erfahrbar machen und nachwirken.
Die Dresdner Compagnie go plastic arbeitet als freie Gruppe an Performanceprojekten mit Schwerpunkt Tanz für Theaterräume und in diesem Projekt, erstmalig in dem Umfang, für den öffentlichen Raum. Die künstlerischen Konstellationen variieren konzeptbedingt und ermöglichen uns immer wieder das Erschließen neuer Bereiche.

>> Asphaltwelten Part 1

Den Auftakt der Trilogie bildete die Kooperation mit dem Societaetstheater Dresden. Die installative und interaktive Performance wurde auf der Hauptstraße Dresden erarbeitet.
Wir begegnen ihnen fast täglich. Menschen die auf Parkbänken, an Häuserecken, Hauseingängen, Einkaufspassagen sitzen, knien, liegen.

Was macht das mit uns?
Wie gehen wir vorbei?
Warum irritieren uns diese Begegnungen?
Blicken wir in die Augen oder vermeiden wir Kontakt?
Wie lange bleibt unsere Aufmerksamkeit an ihnen hängen?
Wie fühlen wir mit, ohne zu wissen?
Und warum sind wir so unbedarft im Umgang mit fremden Menschen, die Strassen nicht als Durchgangsorte, Einkaufspassagen nicht als Shoppingwellness oder Parkbänke nicht als Rastplatz begreifen, sondern als Lebensraum?

Die go plastic company arbeitete in ihrem ersten Teil an einer Versuchsanordnung von Körpern im öffentlichen Raum und dem Herstellen von Ausnahmemomenten. Die Hauptstraße als Bühne auf der Welten kollidieren.

Zwei Menschen verhalten sich in einem Motelzimmer. Ob gemeinsam oder alleine, mit- oder nebeneinander, zeit-gleich oder -versetzt – gemein ist ihnen dieser vorübergehende Ort.
Und es bleibt nicht mehr viel Zeit, das Ende naht. Wie gehen sie damit um, worauf legen sie wert, was ist ihnen wichtig- im Angesicht des Endes. Und ist jedem Ende nicht auch ein neuer Anfang inne? Wie sehen diese letzten Wochen, Stunden, Momente aus? Was geschieht mit Geschichten, Ritualen, Gewohnheiten, Abhängigkeiten? Mit Mustern, Strukturen, Routinen?
Es gibt kein Entkommen und doch flüchtet sich jede*r in eine Realität, die schon bald nicht mehr existent sein wird. Die Flucht beginnt und endet in diesem Zimmer. Scheinbar losgelöst von der Außenwelt und doch dem selben Schicksal ausgeliefert.

go plastic company dresden motel vibes I

Abseits von kaputten Glühbirnen und Kakerlaken hat so ein typisches, schummrig beleuchtetes Motelzimmer wie aus dem Film immer auch ein romantisches Moment. Ein Symbol, auf Reisen zu sein, sich irgendwo dazwischen zu befinden. Ein Transitraum, der eine gute Nacht und die Garantie verspricht, am nächsten Morgen in die aufgehende Sonne zu fahren – immer dem Ziel entgegen. „Motel Vibes“ bricht vorerst mit dieser sehnsüchtigen Verklärung, zeigt ein Paar, das an einem Ort dunkler Monotonie gefangen ist. Zwei Menschen, allein oder zu zweit oder schon immer beides. Der tropfende Regen zählt den Countdown zum Gewitter, dazu blitzen Cindy und Rudi als Spiegelbild, Magnet und als Widerspruch. Das Zimmer scheint Sackgasse zu sein, die Enge und Ausweglosigkeit ihrer Situation werden körperlich spürbar. Auf der einsamen Suche nach dem Paradies bleiben die zwei Protagonisten so rastlos wie das Publikum, das seine Perspektive im wahrsten Wortsinn selbst wählt. go plastic zeigt, dass es weder ein ausuferndes Setting noch eine ebensolche Spieldauer braucht, um ein ganzes Beziehungsleben zu erzählen. Am Ende schmilzt das Eis, und darunter funkelt die Freiheit.

Johannes Herwig (Romanautor, Frühjahr 2021)

go plastic company dresden motel vibes II

VIDEO

GALERIE

Go Plastic Company Dresden Motel Vibes III

AUFFÜHRUNGEN

Uraufführung und weitere Shows:

HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden • September 2018

Weitere Aufführungen:

LOFFT das Theater, Leipzig • April 2019

Japanisches Palais (Staatliche Kunstsammlungen Dresden) • Mai 2019

Zukunftsvisionen Festival Görlitz • Mai 2019

PRESSE

„…Cindy Hammer und Rudi Goblen, mit jeweils individuellem, mitunter minimalistisch anmutendem Bewegungsrepertoire, müssen sich immer wieder selbst davon motivierend überzeugen, dass sie noch da sind; dass sie vielleicht sogar doch noch Wünsche haben könnten, dass der Radius ihrer Bewegungen doch weiter sein könnte, als es zunächst scheint und dass auch minimalste Energien übertragbar sein können. Und immer stärker, im Verlauf dieser Stunde der Einblicke in diesen nur scheinbar so fernen Ort des auch nur scheinbaren, totalen Stillstandes, in dem man zwar als Zusehender, rein physisch gesehen, über dem Geschehen steht, aber wohl kaum in der Lage sein dürfte, darauf hinab zu sehen, auf diese Endspiel-Varianten der Faszination des Nichts.

Aber immerhin, seien es die emphatischen Stimmungen der Zusehenden, die atmosphärischen Schwingungen der Performerin und des Performers, das Eis der Einsamkeit schmilzt. Und da ist er auch wieder, dieser etwas schräge Witz der Groteske, wie er Cindy Hammer auszeichnet: Ganz theatral bricht zwar eine Eiszeit an, Eiswürfel stürzen herab, das Auffangbecken wird zum „Eiswasserbett“ und bietet Platz für sie und ihn. Und wenn sie nicht erfroren sind, dann kommen sie da auch wieder heraus, aus diesem Motel Vibes…“

Boris M. Gruhl 24.09.2018 Dresdner Neueste Nachrichten

„…In „Motel-Vibes“ lassen die beiden Künstler ihre Harmonie spielen, sie reizen sie aus wie um die Grenzen ihrer Verbindung auszutesten. Und es gibt sie deutlich, diese Grenzen. Bald wird klar an welchem Abgrund sich die dargestellte Beziehung befindet, denn sie kommen nicht voneinander los. Im Motelzimmer tropft es stetig von der Decke und das Geräusch untermalt den Auftritt des Dauergastes: Die Enttäuschung. Zwei Menschen in einem Raum und dieser fast genauso verbraucht wie ihre Beziehung; Er will gehen- sie will bleiben. Und sie bleiben auch… Mit ihnen im Raum stehen ihre Vorwürfe und zerplatzten Vorstellungen, die sie ausschweigen, herausbrüllen und natürlich erwartungsgemäß sehr beeindruckend tänzerisch vertonen.
Als der zweite Morgen naht leben sie immer noch- für den Zuschauer eine tatsächlich unerwartete Begebenheit, schließlich hatte das Motelzimmer sie in eine entartete psychische Schlacht geschickt, ihnen gehörig die Luft abgedrückt und an den Rand des Wahnsinns getrieben. Und dort bleiben die beiden auch als das tatsächliche Ende mit einer lang ersehnten Ruhe eintritt.
Der Zuschauer ist in dem ganzen Prozess der Überblicker der Spiel- und Kriegsstätte denn in allen (!!ausverkauften) Vorstellungen ist die Galerie mit Blick über das Geschehen für das Publikum vorgesehen.  Im Stehen oder auf dem Boden der Galerie sitzend werden 50 Minuten verbracht- eine sehr charmante Art dem Betrachtenden die Bequemlichkeit zu rauben…“

Felicitas Sonntag, 05.11.2018, Kulturgeflüster

„…Auf den richtigen Standpunkt kommt es an. Während sonst das Publikum eher außen vor sitzt und das Bühnengeschehen wie durch eine vierte Wand betrachtet, lässt Cindy Hammer „Motel Vibes“ aus einem ungewohnten Blickwinkel heraus betrachten. Bei der Uraufführung im Festspielhaus Hellerau stehen die Zuschauer auf einer Galerie und schauen von oben herab auf einen Raum, der ganz offensichtlich schon mal bessere Tage erlebt hat. „MOT L“ ist irgendwann einmal in violetter Leuchtschrift zu lesen. Hinter einem fotografierten Rollo lassen sich Palmen erkennen; „Paradies Inn“ heißt es dazu auf einer Ansichtskarte, die einem beim Betreten der Seitenbühne Ost in die Hand gedrückt wird. Fast wähnt man sich in einem Film von Alfred Hitchcock. Tatsächlich spricht Cindy Hammer englisch, als sie nach geraumer Zeit zum ersten Mal zum Telefonhörer greift. Rudi Goblen sitzt neben ihr auf dem Bett, und doch scheinen die beiden Welten zu trennen. Ein Dialog auf Distanz, nicht zuletzt durch Körpersprache kommuniziert: Mal macht es sich einer bequem, mal zucken die Schultern, als ob sich der Angesprochenen am ganzen Leib verspannt. Worte erübrigen sich da eigentlich, und wortlos lässt sich der Dissens auch eine Szene später nicht mehr kaschieren. Immer schneller wechseln sich die Schlafpositionen ab, während aus dem Radio eine Stimme wie aus einer anderen Zeit herüberhallt. Die Lage spitzt sich augenscheinlich zu, bis Cindy Hammer dem Countdown insofern ein Ende setzt, als sie einfach aus ihrem Albtraum erwacht. Schwer zu sagen, worauf der voyeuristische Einblick in einer tiefer gelegenes „Gehege der Eitelkeiten“ mehr abzielt: auf eine Endzeitstimmung, die sich am Schluss gewitterartig in einem geradezu eisigen Wolkenbruch entlädt, oder doch eher auf zwischenmenschliche „Schwingungen“, für die die Dresdner Choreografin durchweg spannende, dabei stets subtile Entsprechungen findet. Natürlich lässt das Duo manchmal an die „Geschlossene Gesellschaft“ eines Jean-Paul Sartre denken, selbst wenn die Fashion – und Performancekünstlerin Alexandra Börner dem Raum kein Attribut eines amerikanischen Motels vorenthält. Es könnte auch hier heißen: „Die Hölle, das sind die anderen.“ Doch am Ende der neuesten Produktion der go plastic company lässt sich Marlene Dietrich mit „Wenn ich mir was wünschen dürfte“ hören, und fast sieht es danach aus, als ob sich die äußere Bedrohung dabei in ihr Gegenteil verkehrt. Cindy Hammer und ihr Kompagnon, der amerikanische Songschreiber, Produzent und Tänzer Rudi Noblen, liegen einander gegenüber im eiskalten Wasserbett und plaudern, als ob es keinen behaglicheren Ort gäbe. Es kommt eben ganz auf die Perspektive an.“

Hartmut Regitz, TANZ, Aprilausgabe 2019

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CAST & CREW

Performance:

Rudi Goblen (Original) /Joseph Hernandez & Cindy Hammer

Konzept / Choreografie:

Cindy Hammer

Künstlerische Leitung / Dramaturgie:

Susan Schubert

Ausstattung (Kostüm & Set):

Alexandra Börner

Musik / Komposition:

Nikolaus Woernle

Texte:

go plastic / Rudi Goblen

Produktionsmanagement:

Josefine Wosahlo

Photo / Art-Work:

Stephan Tautz

Künstlerische Dokumentation:

Erik Groß / Stephan Tautz

Licht:

Falk Dittrich / Benjamin Henrichs

Ton:

Dirk Schaller / Peter Heise / Helge Petzold

Bühne:

Nora Weimann / Elisabeth Trobisch / Roman Keilhofer

Technische Produktionsleitung:

Henryk Bastian

PARTNER- / FÖRDER:INNEN

Eine Produktion der go plastic company in Koproduktion mit HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden. Gefördert von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushalts. Gefördert von der Landeshauptstadt Dresden – Amt für Kultur und Denkmalschutz Dresden. Mit freundlicher Unterstützung der TENZA schmiede Dresden, dem Dresdner Zentrum für Wissenschaft und Kunst, Miami Light Project Miami / USA, ZENTRALWERK Dresden und Green Line.

RESEARCH & PROBEN

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